Wie alle anderen auch kennt der 17-jährige Denton seinen genauen Todestag. In der Zeit davor, der Todeswoche, tun die Menschen traditionell alles, was sie schon immer tun wollten. Am Tag vor seinem Tod erwacht Denton aber im Bett eines Mädchens, das definitiv nicht seine Freundin ist, die ihn irgendwie letzte Nacht verlassen haben muss. Das kann er kurz vor seiner Beerdigungszeremonie am Nachmittag eigentlich nicht gebrauchen. Auf welche Weise Denton den Tod finden wird, das weiß er noch nicht. Ein mysteriöser Fleck auf seiner Haut gibt jedoch einen ersten Hinweis. Doch dann taucht ein merkwürdiger Fremder auf seiner Beerdigung auf und erzählt allerhand Dinge, die Dentons bevorstehendes Ableben in ein ganz neues Licht rücken. Etwas stimmt hier nicht. Doch kann er noch herausfinden, was?
Eigentlich klang dieses Buch ganz nach meinem Geschmack. Ich mag Bücher, die sich auf lustige Art mit dem Tod befassen. Außerdem gefiel (und gefällt) mir die Idee, dass die Menschen wissen, wann sie sterben. Das ist ein Gedanke, der mich reizt seit der Folge „ALF – Onkel Albert“, in der ALF erklärt, auf Melmac würden alle mit 650 Jahren sterben und es würde ihnen Angst machen, es nicht zu wissen.
Trotzdem ist es beim Lesen ein ständiges Hin und Her. Einserseits ist es schon unheimlich, andererseits habe ich Argumente dafür, weshalb dieses Wissen gut wäre. Und Denton lebt einem das auch ganz klar vor. Für ihn ist alles ganz normal. Die Frage ist halt hauptsächlich, wie man seinen letzten Tag am besten verbringt. Als Siebzehnjähriger. Da stehen Freunde, Freundinnen, One-Night-Stands, Partys zur Auswahl, das ist ganz klar. Allerdings versumpft die Geschichte über zwei Drittel hinweg genau darin. Denton trudelt durch einen typische teeniemäßigen letzten Tag, tiefgründigere Gespräche gibt es eher selten. Das muss ich persönlich auch gar nicht haben. Trotzdem plätschert die Story für mein Empfinden ewig lange so vor sich hin. Denton erzählt und erzählt und es wird geredet und geredet, aber es passiert reinewegs nichts!
Als Denton den merkwürdigen Fleck auf seiner Haut entdeckt, hoffte ich, dass nun endlich mal Schwung ins Geschehen kommen würde. Immerhin ist das schon außergewöhnlich und am letzten Tag des Lebens vielleicht auf potenziell bedrohlich. Das Verrückte dabei ist, dass es in dem ganzen Chaos in Dentons Leben keine Chance hat, dieses Potenzial auszunutzen. Obwohl alle naselang davon gesprochen wird, ich habe es schnell als nicht mehr so brisant empfunden. Und ich hatte auch nicht den Eindruck, das dieser Fleck mal der Ausgangspunkt für eindramatisches Geschehen sein würde. Das muss man auch erstmal schaffen: etwas -wie sich später herausstellt- Dramatisches und Wichtiges durch elend lange Schwafelei nahezu bedeutungslos zu machen. „Ich bin mal kurz tot“ gelingt das spielend und das hat mich enttäuscht. Spannung kommt so ebenfalls nicht auf.
Deshalb habe ich mir zum Ende hin wirklich an die Stirn getippt. Denn da dreht die Geschichte dann plötzlich so richtig auf und präsentiert des Rätsels Lösung um den Fleck. Quasi wie das Teufelchen aus der Schachtel. Nicht einmal ansatzweise wäre davon bis dahin etwas zu erahnen gewesen. Wer auf solche Überraschungen steht, der wird seine Freude daran haben. Ich dagegen möchte zuvor schon etwas erahnen können, selbst wenn es nur ein Gefühl in eine Richtung ist. Doch das hatte ich hier absolut nicht. Das Ärgerlichste daran ist aber, dass das, was am Ende ans Tageslicht kommt, mit hunderprozentiger Sicherheit schon zuvor für eine spannendere und interessantere Geschichte hätte sorgen können. Selbst wenn man dem Leser nur ab und zu ein „Leckerchen“ hingeworfen hätte, es hätte defintiv für Spannung gesorgt und die öde Schwafelei eingedämmt.
Denton erzählt selber von seinem letzten Tag und den Abenteuern, die er erlebt. Normalerweise lesen sich Bücher, die aus der Ich-Perspektive geschrieben sind, besonders leicht für mich. Hier war das nicht der Fall, weil Denton oft und über mehrere Seiten hinweg erzählt und erzählt und beschreibt und beschreibt. Sowas ist für mich immer ermüdend. Die paar Dialoge konnten das nicht nennenswert auflockern. Daher habe ich recht lange für das Buch gebraucht. Ich lese nicht gerne, wenn es mich anstrengt.
Das Cover hat mir auf Anhieb gefallen. Der Sarg ist ein Hingucker, die Party-Elemente rund herum nehmen dem Motiv die Ernsthaftigkeit und der Titel verdeutlicht zusätzlich, dass es hinter diesem Deckel nicht bierernst zugeht. die Klappen der Broschur sind vorne und hinten innen im gleichen Stil gestaltet.
Fazit: Leider hat mich „Ich bin mal kurz tot“ ziemlich enttäuscht. Die Idee mit dem Wissen um das eigene Sterbedatum gefällt mir schon länger, daran liegt es nicht. Aber zwei Drittel des Buchs wird nur geschwafelt und geschwafelt und es passiert nichts. Selbst das Detail, das eine gewisse Brisanz einbringen könnte (Dentons Fleck) geht in diesem Geschwafel unter und wurde für mich nebensächlich. Und dabei bekommt man ein Ende geboten, das ohne Probleme für eine auch zuvor schon spannende und interessante Story hätte sorgen können. Selbst wenn es nur ab und zu Andeutungen gegeben hätte. So aber kommt das Ende dermaßen überraschend, dass ich mir ehrlich an die Stirn gestippt habe. Zuvor ewig lange Ödnis und am Ende ein Hammer. Nein, so begeistert man mich nicht.
Titel: Ich bin mal kurz tot
Autor: Lance Rubin
Seiten: 352
Verlag: Piper ivi
ISBN: 978-3492703345
Preis: 16,99 (Broschiert)
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