Apr 27 2015

Rezension – Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen (Susan Juby)

tagwahrheitDas Leben ist nichts für Feiglinge, denken sich die drei Freunde Dusk, Neil und Normandy, zu Beginn des 11. Schuljahres und starten ein gewagtes Experiment: Einmal jede Woche wird abwechselnd einer der drei einem Menschen aus ihrer Schule eine Frage stellen, die bisher keiner auszusprechen wagte, obwohl alle nach der Antwort lechzen.
Hasst die ewig grantige Sekretärin wirklich alle Schüler, ist der schöne Tyler jetzt schwul oder nicht, nimmt der Freak aus der 12. Drogen und hat die Coole aus dem Langlaufteam mit einem ihrer beiden Teamkollegen was oder gar mit beiden? Was die drei besten Freunde allerdings damit lostreten, hätten sie nie geahnt. Ein kluges Buch über Freundschaft, Liebe und die Frage, was wir mit uns und unserem Leben anfangen und, was das eigentlich alles zu bedeuten hat.

Auf dieses Buch bin ich zufällig aufmerksam geworden. Dieses Mal reizte mich nicht das Cover, sondern die Idee der Geschichte. Man kann sich schließlich gut vorstellen, welche Folgen es haben kann, wenn man plötzlich nur noch die Wahrheit sagt.
Doch die Ernüchterung ließ nicht lange auf sich warten. Beispielsweise wurde ich mit Hauptfigur Normandy überhaupt nicht warm. Ich kann es nicht anders ausdrücken, aber sie war für mich eine totale Klugsch******, und solche Leute ertrage ich nicht. Nicht in Geschichten und auch nicht in der Realität. Da fand ich ihre Freunde schon interessanter. Den leicht schrägen Neil und die resolute Dusk. Die beiden haben mich ermuntert, doch noch weiterzulesen. Ich wollte ja schließlich wissen, was die Freunde mit ihrer Wahrheitsoffensive bewirken.
Doch leider bewirken sie gar nicht so viel, wie ich erwartet hatte. Natürlich, sie nehmen sich einige ihrer Mitschüler vor, sagen ihnen unliebsame Wahrheiten direkt ins Gesicht bzw stellen ihnen unangenehme Fragen nach der Wahrheit, doch die dramatischen Folgen bleiben aus. Folgen hat diese Offensive zwar, aber es ist absolut nichts Brisantes daran. Vor allem hatte ich nie das Gefühl, dass sie mit ihrer Aktion bei irgendeinem ihrer „Opfer“ so richtig anecken, und das hatte ich vor allem erwartet! Aber nein, die Wahrheit bringt fast überall nur Gutes zum Vorschein. Das ist zwar ganz nett, aber für sonderlich realistisch halte ich es nicht.
Nach einer Weile kam es mir so vor als würde es diese Aktionen nur geben um Normady dazu zu bringen, in Sachen Wahrheit mal vor der eigenen Tür zu kehren und gewisse Wahrheiten in ihrer Familie zu erkennen, die bislang unter den Teppich gekehrt wurden. Ob man dazu die Aktionen an der Schule gebraucht hätte, lasse ich dahingestellt. Sicher hätte man eine Geschichte nur um das Geschehen in Normandys Familie zusammenbringen können.
Denn dort geht es wirklich unglaublich zu, was für mich gleich den nächsten Aufreger darstellte. Da schreibt die älteste Tochter eine Saga, die in einer Parallelwelt spielt, und schickt darin alle ihre Familienmitglieder ins Rennen, allerdings als wahre Witz-, Hohn-, und Spottgestalten. Und was macht die vorgeführte Familie? Sie arrangiert damit und meutert allenfalls gedanklich (und auch nur in Normandys Fall). Die Eltern stehen auf dem Standpunkt, dass sie das Geld ranschaffen um den Kindern ein schönes Leben zu ermöglichen. Ganz ehrlich, an ihrer Stelle hätte ich Keira sämtliche Zuwendung kurzerhand gestrichen bis diese ihre Frechheiten einstellt. Schließlich verdient Keira mehr als gut mit ihren Schmierenstorys. Und Normandy? Die ist zwar stinkunglücklich damit, als fettes Krötengesicht durch Keiras Geschichten zu latschen, aber mehr als ein böser Gedanke hier und da ist nicht drin. Sie hat sich eigentlich ganz gut damit arrangiert, dass alles unter den Teppich gekehrt wird. Ja, hallo, geht es noch? Sie ist doch sonst so schlau und neuerdings auf die Wahrheit fixiert! Ich hätte es an ihrer Stelle gewusst, wegen Keiras Kreativschüben auf Zehenspitzen durchs Haus zu laufen und Keira nachts zu sich ins Bett zu lassen um ihren Klagen zu lauschen.
Somit haben mich lediglich einige wenige Fragen davon abgehalten, das Buch abzubrechen. Ich wollte wissen, ob Keira nicht letztlich doch so richtig auflaufen würde. Ich habe es so sehr gehofft! Außerdem habe ich immer noch gehofft, dass der Wahrheitsoffensive doch noch so ein richtiger Knall folgen würde.

Weil Normandy ein solcher Klugschwätzer ist, liest sich das Buch nicht ganz so leicht wie man es von einer Geschichte erwartet, die von einem Teenager geschrieben wird. Sie drückt sich mitunter sehr umständlich und gewählt aus. Was mich aber am meisten gestört hat, das ist die Masse an Fußnoten. 114 auf 348 Seiten sind es. Und sie sind oft so lang, dass sie -größer geschrieben- eine halbe Buchseite in Beschlag nehmen würden. Anfangs habe ich sie noch gelesen, weil ich dachte, dass darin etwas Wichtiges stehen würde. Etwas, das wichtig für die Geschichte ist. Das habe ich dann aber aufgegeben. Und mir hat nichts an Wissen zur Story gefehlt.

Die Covergestaltung gibt über die Geschichte nichts her. Wäre sie nicht farblich so fröhlich gehalten, würde ich daran gar nichts Erwähnenswertes finden. Das Cover sagt nicht ansatzweise etwas über die Story aus und ist auch sonst in keinerlei Hinsicht besonders.

Fazit:  Aus der Idee mit der Wahrheitsoffensive hätte man sicher viel machen können, doch diese Chance hat sie „Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen“ absolut entgehen lassen. Keinerlei echte Dramatik, stattdessen eine nervig klugschwätzerische Hauptfigur und Nebenfiguren, die ich am liebsten dauern geschüttelt oder geofrfeigt hätte, damit sie erkennen, wie sehr sie sich von einer Möchtegern-Autorin vorführen lassen. Die ständigen und ewig langen Fußnoten machen den Lesefluss holprig und haben obendrein überhaupt keine Bedeutung für die Geschichte. Die hätte man sich dicke sparen können.


Titel: Der Tag, als wir begannen, die Wahrheit zu sagen
Autor: Susan Juby
Seiten: 348
Verlag: cbj
ISBN: 978-3570159989
Preis: 16,99 (HC)

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