Apr 07 2015

Rezension – Joyland (Stephen King)

joylandUm sich sein Studium zu finanzieren, arbeitet Devin Jones während der Semesterferien im Vergnügungspark Joyland an der Küste von North Carolina. Drei Dinge sind es, die ihn im Laufe des Sommers 1973 vor allem beschäftigen: Seine große Liebe Wendy gibt ihm per Brief den Laufpass. In der Geisterbahn Horror House soll es spuken, nachdem dort ein Mädchen ermordet wurde. Und er fragt sich, welches Geheimnis sich wohl hinter der schönen jungen Frau mit ihrem behinderten Sohn verbirgt, an deren Strandvilla er jeden Tag vorbeikommt. Vom unbekümmerten Schaustellerleben in Joyland fasziniert, verlängert Devin seinen Aufenthalt. Mit seinen neugierigen Nachforschungen tritt er jedoch eine Lawine von Ereignissen los, bei denen es schließlich um Tod oder Leben geht.

Mein letztes Buch von Stephen King habe ich vor sehr langer Zeit gelesen. Doch ich hatte gute Erinnerungen daran. Spannend, gruselig und jedes einzelne Buch damals hat bei mir einen Eindruck hinterlassen, der sich bis heute hält.  Somit freute ich mich darauf, wieder einmal solch ein Buch zu lesen. Freizeitparks sind für mich sowieso die idealen Schauplätze für spannende und gruselige Geschichten. Einfach, weil es doppelt grausig ist, wenn an einem solchen Ort der Freude etwas Schreckliches geschieht.
Leider muss ich jedoch sagen, dass mich das Buch auf ganzer Linie enttäuscht hat.
Warum?
Vor allem, weil überhaupt nichts passiert. Devin heuert im „Joyland“ an um sich sein Studium zu finanzieren. Fortan geht es eigentlich um nichts anderes als diesen Job. Und nein, ich fand es nicht spannend, wenn er im Hundekostüm zum Star im Park wurde, wenn er Gondeln schrubbte, das Riesenrad steuerte, den Slang übersetzte, der im Park gesprochen wird, wenn er mit seinen Kollegen diskutierte oder mit seinen beiden Freunden herumhing, die ebenfalls im „Joyland“ arbeiten. Ja, er erlebt den einen oder anderen schlimmen Moment, doch selbst ein Todesfall ist nach längstens zwei Seiten abgehakt
Zwar wird anfangs ein grausiges Verbrechen erwähnt, dass sich im Park abgespielt hat, und gewisse Kollegen machen Devin gegeüber Andeutungen, dass über ihm etwas Dunkles liegt, doch das ist im Nu abgehandelt und hinterlässt so überhaupt keinen Eindruck. Von Grusel keine Spur. Und vor allem gerät es angesichts des geballten Alltagsgeschehens im Nullkommanichts in Vergessenheit. Ab und zu erinnert Devin sich und somit auch den Leser daran, aber zu mehr als einem „ach ja, da war ja was“ hat es bei mir nie gereicht. Im nächsten Moment war es bereits wieder aus dem Sinn. Auf mich wirkte das irgendwie so als habe King diese Elemente notgedrungen eingestreut um die gruselsüchtigen Leser zu bedienen, aber eigentlich etwas ganz anderes mit der Story rüberbringen wollen. Mir allerdings ist verborgen geblieben, was das sein könnte.
Nachdem also über drei Viertel der Geschichte hinweg nichts Spektakuläres bzw dauerhaft Spannendes, Aufregendes oder sonstwie Besonderes geschehen ist, holt sie im letzten Viertel plötzlich die Thrillerkeule heraus. Wäre zuvor intensiver auf das Geschehen damals zu Zeiten der grausigen Bluttat eingegangen worden, oder hätte man zumindest ansatzweise herauslesen können, dass Devin der Sache gerne auf den Grund gehen würde, hätte ich das in Ordnung gefunden. So aber kam es für mich einfach nur gezwungen rüber. Erst passiert ewig lange nichts und plötzlich geht es dermaßen zur Sache. Glaubhaft ist ganz klar anders. Ganz im Gegenteil habe ich mich einfach nur gefragt, was das nun bitte soll.
Erschwerend kommt hinzu, dass für mich auch sonst null Flair aufkam. Weder das fröhliche Flair eines Freizeitparks, noch ein Gefühl von Sommer und Leichtigkeit. Dabei wäre dafür eine Menge Raum gewesen, denn wie schon mehrfach erwähnt: es passiert ja sonst so gut wie nichts!

Ich habe mich ehrlich durch dieses Buch hindurch gequält und musste mich jeden Abend überwinden, es weiterzulesen. Dabei lässt es sich an sich gut lesen. Devin erzählt flüssig und locker von seiner Zeit im Park. Da müssten die Seiten eigentlich nur so dahinfliegen. Aber die Handlung ist halt einfach öde. Das ändert sich nicht, nur weil jemand in einem angenehmen Stil davon erzählt.

Das Cover gefällt mir immer noch so gut wie vor dem Lesen. Ich mag das dunkle Blau und das leuchtende Schild im Vordergrund. Das bringt für mich einen guten Teil des Freizeitparksflairs rüber, das ich in der Geschichte nirgends finden konnte.

Fazit: „Joyland“ war für mich leider eine absolute Entäuschung. Ich fand die Story stinklangweilig. Die paar Elemente, die villeicht für etwas Grusel gut gewesen wären, gehen im Alltagsgeschehen völlig unter und können somit keinerlei Wirkung entfalten. Sie wirken als wären sie eingestreut worden, weil „man sowas von King halt erwartet“. Gezwungen und unmotiviert. Am Ende haut die Geschichte plötzlich so thrillermäßig auf die Pauke, dass man sich erschrocken fragt, woher das nun mit einem Male kommt. Denn zuvor war davon nullkommanichts zu erahnen. So nach dem Motto: Mist, wir haben ja ganz vergessen, sowas mit einzubauen, na, dann nehmen wir eben die letzten paar Seiten dafür, Hauptsache so etwas ist drin. Also nein, so hatte ich mir meinen ersten King nach Jahrzehnten Pause nicht vorgestellt. Es ist sein erster Roman, der bei mir absolut gar keinen Eindruck hinterlassen hat. So schnell lese ich sicher keinen neuen King mehr.


Titel: Joyland
Autor: Stephen King
Seiten: 352
Verlag: Heyne Verlag
ISBN: 978-3453268722
Preis: 9,99 (TB)

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