Feb 25 2015

Rezension – Loveletters to the dead (Ava Dellaira)

lovelettersdeadEs beginnt mit einem Brief. Laurel soll für ihren Englischunterricht an eine verstorbene Persönlichkeit schreiben. Sie wählt Kurt Cobain, den Lieblingssänger ihrer Schwester May, die ebenfalls viel zu früh starb. Aus dem ersten Brief wird eine lange Unterhaltung mit toten Berühmtheiten wie Janis Joplin, Amy Winehouse und Heath Ledger. Denn die Toten verstehen Laurel besser als die Lebenden. Laurel erzählt ihnen von der neuen Schule, ihren neuen Freunden und Sky, ihrer großen Liebe. Doch erst, als sie die Wahrheit über sich und ihre Schwester May offenbart, findet sie den Weg zurück ins Leben und kann einen letzten Brief an May schreiben.

Mit diesem Buch war es wieder einmal so eine Sache. Hier und da hatte ich aufgeschnappt, dass viele Leseratten darauf warten. Das weckt meist mein Interesse so nach dem Motto: nicht, dass mir da ein tolles Buch entgeht! Der Klappntext klang in meinen Ohren auch nicht so übel und ein hübsches Cover hat das Buch auch. Gründe genug, dass ich es mir vorgeknöpft habe.
Die Idee mit den Briefen, die Laurel an die Toten schreibt, gefiel mir auf Anhieb. Anfangs konnte ich mir zwar nicht vorstellen, dass aus einzelnen Briefen an verschiedene Leute eine griffige Geschichte entstehen könnte, aber zumindest dauerte es nicht lange bis ich einen groben Überblick hatte. Über Laurel, ihre Situation und das Drama um ihre verstorbene Schwester May.
Leider war es dann ausgerechnet May, die meiner anfänglichen Begeisterung einen Dämpfer versetzte. Ich habe Laurel gerne geglaubt, dass sie ihre Schwester geliebt hat und sie schrecklich vermisst, aber dass sie sie ständig in höchsten Tönen lobt und in den Himmel hebt, das ging mir bald tierisch auf den Keks. So perfekt kann doch kein Mensch sein! Nicht mal in einer Geschichte! Außerdem drängte sich mir speziell dadurch die Ahnung auf, dass May im Wahrheit keineswegs eine kleine Heilige gewesen war.
Ob meine Ahnung zutraf, verrate ich hier jetzt nicht. Es dauert auch im Buch ewig lange bis man darauf eine Antwort bekommt. Bis dahin hätte ich Laurel oft gerne geschüttelt und sie gebeten, mit dieser Lobhudelei aufzuhören. Spannung wollte bei mir so lange nicht aufkommen. Natürlich hat es mich interessiert, was damals bei dem Unfall vorgefallen ist, schließlich deutet Laurel alle naselang an, dass sie Schuld ist. Aber dass ich nägelknabbernd auf die Auflösung gewartet habe, das stimmt nun wirklich nicht.
Wenn Laurel nicht gerade von ihrer Schwester schwärmt, dann ist sie eigentlich ein relativ normaler Teenager, und der hat natürlich noch weitere Probleme: die Schule, Freundinnen, den ersten Freund, Lehrer…ja, „Love Letters to the dead“ ist über weite Strecken einfach nur eine Teenie-Highschool-Story mit dem üblichen Brimborium, das dazu gehört. Immerhin entwickelt sich nach und nach daraus ebenfalls eine kleine Geschichte, doch das dauert. Es lohnt sich jedoch, bis dahin durchzuhalten. Ich muss gestehen, dass mich die Handlung um Laurels Freundinnen mehr begeistert und berührt hat als Laurels Geschichte. Und auch das Familienleben ihres Freundes Sky habe ich als interessanter und trauriger empfunden. So ein feiner Kerl und solch ein Leben…
Selbstverständlich wartet am Ende des Buchs der große Knall. Die Auflösung. Die Wahrheit über Mays Unfall und die Antwort auf die Frage, wieso Laurel sich dafür die Schuld gibt. Ganz ehrlich, damit hatte ich absolut nicht gerechnet! Das ist tatsächlich der Hammer, was in der Zeit vor dem Unfall vorgefallen ist. Da stand mir erstmal der Mund offen vor Staunen und Entgeisterung!
Allerdings kam es wie aus heiterem Himmel. Nie, wirklich nie zuvor wurde es auch nur mit einem Wort angedeutet. Da darf man erstmal staunen, denke ich. Trotzdem! Es ist schwer zu erklären, aber auf mich wirkte das so als habe nun noch ein Hammer hermüssen, weil die Geschichte bis dahin eher vor sich hin geplätschert war. Und so leid es mir tut, vor diesem Hintergrund konnte ich Laurels Schwärmerei für May noch viel weniger nachvollziehen und musste mich schon wieder über sie ärgern. Abgesehen davon halte ich es für unrealistisch, dass ein Mädchen, dem so etwas passiert ist, anschließend so -vergleichsweise unbedarft- durch ihr Teenieleben geht.
Außerdem habe ich mich die ganze Geschichte hindurch gefragt, ob die anvisierte Leserschaft mit Laurels „Brieffreunden“ überhaupt etwas anfangen kann. Ich verbinde etwas mit Namen wie John Keats, Jim Morrison oder auch Judy Garland. Aber tut das die DSDS-Generation ebenfalls? Machen sie diese Namen neugierig? Ich hoffe es, habe aber meine Zweifel.

Die Geschichte ist komplett in Briefform geschrieben. Das liest sich super leicht und abwechslungsreich. Da liest man schnell mal ein paar Briefe hintereinander weg und ist plötzlich ein gutes Stück im Buch vorangekommen. Wer nicht gerne in größeren Happen liest, hat aber auch alle paar Seiten eine Gelegenheit zur Pause. So ein Brief ist halt meist nicht so lang. Auch das hat seine Vorteile.

Das Cover gefällt mir noch immer sehr gut! Ich mag die schönen Farben des Abendhimmels und den Titelschriftzug, der so handgeschrieben aussieht. Das passt gut zu den Briefen, aus denen die Geschichte besteht. Das hübsche Mädchen zwischen den Zeilen mag ich ebenfalls. Es wirkt etwas geheimnisvoll, weil man das Gesicht hinter den Haaren nicht sieht.

Fazit:  Die Idee, diese Geschichte ausschließlich in Form von Briefen an verstorbene Berühmtheiten zu erzählen, hat mir gefallen! Ich hatte anfangs nicht geglaubt, dass sich daraus eine griffige Story entwickeln würde, wurde aber eines Besseren belehrt. Leider fand ich die Geschichte nicht spannend. Stattdessen war ich durchgängig genervt von Laurels ständiger Lobhudelei auf ihre Schwester May. Erst recht als am Ende die Wahrheit ans Tageslicht kommt! Und sonderlich glaubwürdig fand ich Laurels Verhalten und Denken auch nicht, als ich dann wusste, was vor dem Unfall vorgefallen war. Die Nebenschauplätze bei Sky und Laurels Freundinnen dagegen fand ich ganz interessant und häufig haben sie mich zum Durchhalten bewegt. Sie waren für mich quasi die Krücken der eigentlichen Geschichte, aber so sollte ein gutes Buch halt nicht funktionieren.


Titel: Love Letters to the dead
Autor: Ava Dellaira
Seiten: 416
Verlag: cbt
ISBN: 978-3570163146
Preis: 17,99 (HC)

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