Eine Bergtour. Ein Unwetter. Ein Mord. Eingesperrt auf engstem Raum, ohne Aussicht auf Rettung, erkennt man ganz neue Seiten an seinen „Freunden“. Hässliche Seiten. Tödliche Seiten … Geplant war eine lässige Bergtour – auf eigene Faust auf die Zugspitze und wieder zurück, bevor die anderen im Camp etwas merken. Doch als die kleine Gruppe um Tim am Morgen aufbricht, scheint das Unglück vorprogrammiert. Sie geraten in ein heftiges Unwetter und müssen in einer verlassenen Hütte Unterschlupf suchen. Sie wissen nicht, wo sie sind, sie haben keine Möglichkeit, mit dem Rest der Welt Kontakt aufzunehmen, und sie sitzen fest. Solange Sturm und Regen toben, ist an einen Abstieg nicht zu denken. Zunehmend liegen die Nerven blank und Vorwürfe machen die Runde, schließlich kommt es sogar zur Prügelei. Am nächsten Morgen ist einer von ihnen verschwunden. Zurück bleibt eine Blutlache – und die Frage, ob es unter ihnen einen Mörder gibt.
Arno Strobels Thriller für Erwachsene sind für mich seit je her so eine Sache. Mancher ist wirklich richtig gut, dann wieder ein Durchhänger, der nächste macht wieder Boden gut… Entsprechend neugierig war ich, wie sich Arno Strobels erster Jugendtrhiller schlagen würde. Mir liegen Jugendthriller generell eine Spur besser, deshalb war ich guter Dinge.
Der Anfang macht sofort klar, dass es im Laufe der Geschichte zu einer Katastrophe kommt. Daran gibt es keinen Zweifel. Das macht natürlich neugierig. Man möchte unbedingt erfahren, was vorgefallen ist. So hatte mich die Geschichte im Nu am Haken.
Nach diesem verheißungsvollen Prolog dreht die Geschichte die Zeit zurück zu dem Tag, an dem Tim in dem Camp in den Bergen ankommt und die ersten Leute dort trifft. Ich muss gestehen, ich war damit erstmal restlos überfordert. So viele Charaktere auf einmal, die einem vorgestellt werden, da hat es geraume Zeit gedauert bis ich zumindest die für mich wichtigsten Figuren samt ihren Namen auf der Reihe hatte. Ein paar andere Charaktere habe ich bis zum Schluss nicht immer auf Anhieb einordnen können. Da kam es mir dann sehr entgegen, wenn nochmal erwähnt wurde, dass jemand der eher Schüchterne der Truppe ist oder das recht oberflächliche Mädel usw.
Ansonsten trifft die Geschichte aber voll und ganz meinen Geschmack. Da ich selbst von Höhe nicht so viel halte und den Bergen oft eher skeptisch gegenüberstehe, ist schon alleine der Schauplatz für mich ein Garant für eine gepflegte Gänsehaut. Ich möchte beileibe nicht in einem Unwetter da oben herumlaufen und am Ende in eine Hütte eingepfercht sein, Wind und Wetter hilflos ausgeliefert. Aber sowas ist natürlich spannend, wenn man mit einem gewissen Unwohlsein darüber liest während man gemütlich im Bett liegt.
Genauso gut hat es mir gefallen, dass sich die Handlung nur um die Gruppe Jugendlicher dreht. Auch wenn ich mir nicht jeden von ihnen zu Eigen machen konnte, so ist so ein überschaubarer Personenkreise schon etwas Feines. Dabei kann man so gut mitknobeln, was da vor sich geht und wer hinter diesem oder jenem Vorfall stecken könnte. Das macht mir jedes Mal sehr viel Spass.
Dass Tim ein Geheminis hat, an dem er schwer zu tragen hat, das wird einem als Leser bald klar. Zunächst darf man noch rätseln, was es sein könnte, doch nach und nach wird es immer klarer. Somit ist es zwar keine große Überraschung mehr als es beim Namen genannt wird, doch wie dramatisch dieses Geheimnis ist, das ist schon noch erschreckend. Und es gibt einem natürlich zu denken: steckt vielleicht ausgerechnet Tim hinter den Vorfällen auf der Hütte? So richtig geglaubt habe ich es die ganze Zeit nicht, aber ich war doch einige Male ziemlich verunsichert. Es ist immer schön, wenn ein Thriller oder Krimi mich so im Ungewissen hält.
Zuletzt hat es mir noch sehr gut gefallen, wie weit Arno Strobel seine jugendlichen Figuren gehen lässt. Das ist zum Teil wirklich ungeheuerlich und ich habe ehrlich überlegt, ob so etwas unter Jugendlichen möglich ist. Leider halte ich es keineswegs für abwegig. Das, was sich so schön Gruppendynamik nennt, das entwickelt sich mitunter in die unglaublichsten Richtungen. Dabei geht es hier gut zur Sache und ich habe manches Mal ungläubig den Kopf geschüttelt. Wie kann man nur? Aber ein Thriller braucht einfach eine gewisse härtere Gangart, also passt das für mich.
Ich habe das Buch an einem langen Abend ausgelesen. Erstens weil ich es so spannend fand, aber auch, weil es sich so gut lesen lässt. Die Kapitel sind kurz genug um immer „ach eines noch“ zu lesen und sich dann plötzlich am Ende der Geschichte wiederzufinden. Und der Erzählstil ist zwar ziemlich jugendlich und speziell in den Dialogen flapsig und locker, wird aber zu entsprechenden Szenen auch schnell eindringlich. Das wirkt!
Auch der Look des Buchs gefällt mir sehr gut. Das schattige Grau-Weiß erinnert an Felsgestein, was gut zum Schauplatz passt. Und der tiefrote Titelschriftzug bildet einen tollen Kontrast dazu. So blutrot und von Äderchen durchzogen verspricht er eine spannende Geschichte.
Fazit: Auch wenn ich bis zum Schluss nicht jeden aus Tims Clique einsortieren konnte, so hat es doch gereicht um mir ein Bild der von der Gruppe zu machen. Und damit habe ich mich ausreichend gerüstet gefühlt für die Geschichte. Sie hat mir wirklich sehr gut gefallen. Sie hat einen tollen Schauplatz, ist spannend und es geht ordentlich zur Sache. Außerdem lässt sie einen lange im Ungewissen darüber, was man von Tim halten soll. Gerade bei einer Hauptfigur hat das klar seinen Reiz.
Titel: Abgründig
Autor: Arno Strobel
Seiten: 240
Verlag: Loewe Verlag
ISBN: 978-3785578643
Preis: 9,95 (Broschiert)
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